Covadonga-Verlag, 384 S., 14,80 EUR
Moore ist Brite, ein typischer Brite, eher working class denn Hochadel, eher "Fresse" als "Antlitz". Diese Aussage ist zulässig, denn in seinem Reisebericht über "Abenteuer auf dem Iron Curtain Trail" scheut auch er sich nicht, Stereotypen zu prüfen. Und meist zu bestätigen, das aber mit britisch-trockenem Humor. Schon die Idee für seine neue Radtour (der Mann ist auch die 2000er Tour de France vor- und den 1914er Giro nachgefahren, letzteres mit 100 Jahre alter Originaltechnik) ist skurill und wahnsinng zugleich. Er will den ICT, einen mehr oder minder intensiv ausgeschilderten Radwanderweg entlang der europäischen Ost-West-Grenze, am Stück bewältigen. Aber nicht mit einem modernen Treckingrad, sondern - hallo britisches Stil-Bewusstsein! - mit einem DDR-Klapprad, dessen eigentliche Heimat Campingplätze oder Uni-Radwege waren. Ein wenig gepimpt (Rahmenverstärkung plus West-2-Gang-Nabe) geht's im finnischen Frost mit Hyperthermie-Halluzinationen los, über Rußland und das Baltikum, die innerdeutsche Grenze und Österreich auf den Balkan bis zur bulgarischen Schwarzmeerküste (wo's knapp 60 Grad wärmer ist als am Start). Viele interessant-lustige Begegnungen und seltsame Erfahrungen mit Menschen, Betten und Nahrungsmitteln werden beschrieben, wobei (zu) ausführliche und oft recht holzschnittartige Ausführungen zur jüngeren Historie der durchreisten Gebiete den Lesespass mindern. Eine politische Analyse kann Reiseliteratur nur bedingt leisten, die Schilderung der eindrucksvollen körperlichen und mentalen Leistung tritt für mich hier etwas zu sehr in den Hintergund.Weitere Infos: www.covadonga.de