Suhrkamp, 216 S., 22,00 EUR
Literatur lebt von einer guten Geschichte. Oft vergessen, zumindest nicht bemerkt und nur selten gewürdigt wird aber der Umstand, dass auch und gerade die Form ganz wesentlich auf den Inhalt und dessen Wahrnehmung (KopfBildWerdung) beim Leser rückwirkt. Queneau hat diesem Thema schon 1947 eine Sammlung von Texten gewidmet, die allesamt das gleiche banale Geschehen berichten, dies aber auf sehr verschiedene Weise. Ob "Ordinär", als "Lautmalerei" oder "Sonett" - WIE etwas beschrieben wird, beeinflusst auch das WAS (man darf das gern in Richtung PolitikerSprache oder MedienMacht weiterdenken). Als 'Pataphysiker, Surrealist und Co-Chef der Oulipisten beschäftigte sich Queneau intensiv mit SprachKunst, die "Exercices de Style" sind dabei nur ein Höhepunkt. 1961 übersetzten Harig/Helmlé das Unübersetzbare (leider ist mein Französisch zu schlecht für das Original) - die 1983 erschienene DDR-Lizenzausgabe gab der experimentellen Szene Ost wesentliche Impulse - und nun haben Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel insgesamt 121 Variationen neu übersetzt, mit Kommentaren und einem lesenswerten Nachwort versehen und außerdem um 13 "Mögliche mögliche Stilübungen aus der Werkstatt der Übersetzer" ergänzt. Ein Vergleich der Übertragungen führt zum Urteil "unentschieden" und der Frage, wieso sich sogar schlichte Zahlenangaben unterscheiden (vgl. "Genaue Angaben"/"Genauigkeiten"/"Précisions") können. Relevant ist dieses sehr ernsthafte Spiel jedenfalls noch immer!Weitere Infos: http://www.suhrkamp.de/buecher/stiluebungen-raymond_queneau_22495.html