S.Fischer, 271 S., 18,99 EUR
Schon mit ihrem Debut "Mängelexemplar" konnte Sarah Kuttner unter Beweis stellen, dass sie zwar keine geborene Dichterin, wohl aber eine mutige Autorin ist. Damals arbeitete sie sich am Thema "Angststörungen" ab und auch das neue Buch ist bei weitem weniger fröhlich als die kleine Frau, die man aus dem TV zu kennen glaubt. "180° Meer" widmet sich einer melancholischen Findungsfahrt der Protagonistin Jule nach London (hin zum Bruder, weg vom enttäuschten Lover in Berlin, raus aus der - hier nur angedeuteten - Clubsängerinnenexistenz, fort von den anstrengenden Telefonaten mit der depressionsgeschüttelten Mutter), wobei es - unter Mitnahme eines ebenfalls etwas verhaltensgestörten Hundes - recht schnell von der Metropole an die englische Südküste geht. Denn Jule braucht den weiten Horizont, die Rundumsicht auf das nicht-nichts-seiende Meer. Dort soll sich die ersehnte Ruhe finden lassen, auch der klare Gedanke und vielleicht sogar Selbstvertrauen. Tatsächlich begegnet sie aber einem weiteren verdrängten Familienproblem: ihrem krebskranken Vater. Und damit auch der realen Endlichkeit aller Dinge. Wiederum keine große Literatur, aber eine durchaus sensible Darstellung des schwierig-schönen Lebens.Weitere Infos: www.fischerverlage.de