
Keinem Dikatorenstaat ist es bisher auf ewig gelungen, seine Macht und die Kontrolle über sein Volk zu erhalten. Und keinem Diktatorenstaat hat bisher Erfolg damit gehabt, seine andersdenkenden Bürger, ihren Freiheitsdrang, eine Nischenbildung für systemschädliche Aktivitäten zu verhindern oder zu eliminieren.
Oben: Jürgen Haufe Peitz Jazz ’81. Open-air-Rückblick. 1981, OffsetdruckUnten: Trevor Watts. Jazzwerkstatt Peitz,1981, ©Matthias Creutziger
In der bis 1989 existierenden Deutschen Demokratischen Republik war dieser gesellschaftlich-staatliche Widerspruch so offenkundig wie überraschend. Denn trotz aller Einheitslookverordnungen, Einheitslookpolitik und real existierendem Ekel vor Individualismus, Freiheitswille und fantasievoller Kreativität konnte zwischen der Grenze zur Bundesrepublik im Westen und der Oder-Neiße-Friedensgrenze im Osten der Freejazz seine Blüten treiben und außerhalb des staatlichen Kultursystems für Furore sorgen.
Die staatsmonopolistische DDR reagierte irritiert auf das, was da in Leipzig und Berlin, in Peitz und Dresden, in Greifswald und Magdeburg passierte, das zwar außerhalb jeder sozialistischen Norm atmete und gedeihte, aber nicht unter allen Umständen dem westlichen Klassenfeind in die Schuhe geschoben werden konnte. Eine eingeschworene, in ein Netzwerk eingebundene Gemeinde folgte den Musikern bis in entlegenste Winkel des Arbeiter- und Bauernstaates, der mit seinen Reaktionen immer ein wenig hinterher hinkte und der gar keine klar umrissenen Vorstellungen davon hatte, ob er diese Freaks nun dulden, akzeptieren oder bekämpfen sollte. Trotz der Präsenz auch westdeutscher und nichtdeutscher Jazzmusiker reagierte die DDR-Kulturführung zunehmend skeptischer auf die eigenartigen Aktivitäten nicht systemkonformer Musiker. 1982 wurde etwa die „Jazzwerkstatt Peitz“ verboten.

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