Wie viel Wühlarbeit im Archiv des LehmbruckMuseums und anderen Depots notwendig war um einigermaßen umfassendes Material über das Gastspiel des Malers und Objektkünstlers Paul Thek (1933-1988) im Winter 1973/74 in Duisburg präsentieren zu können, davon kann die Kuratorin Susanne Neubauer ein Lied singen. Die intensive Beschäftigung mit dem heute verlorenen Großprojekt „Ark, Pyramid – Christmas“ erforderte umfangreiche Leseprozeduren und Suchaktionen bei anderen Museen.
Keine Aussagen über die Bedeutung der eigenen Kunst – dieses Prinzip von Paul Thek war ein wichtiger Baustein seines Werkes. Der Begriff „Against Interpretation“ wurde eine allgemein gültige, gewichtige Botschaft innerhalb der Kunstszene, Susan Sontag widmete ihre gleichnamige Essaysammlung von 1966 dem amerikanischen Künstler. Paul Thek genießt schon lange – auch unter seinen Künstlerkollegen – Kultstatus. Die Duisburger Mischung aus Ausstellung und Dokumentationsschau zeigt Kunstwerke von Thek (auch aus der eigenen Sammlung) sowie Dokumente, Briefe, Fotos, Skizzenhefte, Filme, Tonaufnahmen wie das in Duisburg 1973 geführte Gespräch zwischen Thek und Harald Szeemann. Ausführlich zeigt das Museum die Briefkorrespondenz zu „Ark, Pyramid – Christmas“, interne Vermerke des Museums, Briefwechsel mit hausinternen Verwaltungsstellen und Versicherungen und belegt den archäologisch bestimmten Feldforschungscharakter der Ausstellung.Das nie beendete, niemals enden wollende/sollende, raumfüllende Environment „Ark, Pyramid – Christmas“ („Die Krippe“) realisierte Paul Thek erstmals auf der documenta 5 in Kassel im Jahr 1972 und, ein Jahr später, am Kunstmuseum Luzern. Auch in Duisburg füllte dieses Großprojekt einen ganzen Raum. Thek ergänzte es während der Weihnachtszeit in Form eines Theaterstücks, welches stark von Robert Wilsons Produktion „Deafman Glance“ („Blick eines Tauben“) beeinflusst war und in dem Thek selbst mitwirkte. Auch daran und an die „work in progress“-Situation des Arche-Werkes erinnert im documenta-Jahr 2012 die Duisburger Ausstellung.
Das LehmbruckMuseum besitzt eine ganze Reihe von Werken Paul Theks, die auf der Kelleretage des Gebäudes inmitten von Zeichnungen, Briefen, Skizzen und vor einer komplett mit Zeitungen tapezierten Wand, die die Ausstellungssituation von 1973 simuliert, gezeigt werden: aus der Serie „Technological Reliquaries“ Theks „Selbstporträt“ (1966/67), den „Gartenzwergvogel“ (1971) und „Chair“ (1968). Zwei bis heute unveröffentlichte Skizzenhefte zeigen Theks Gedankengänge und Arbeitsweisen: Improvisiert wirkend und doch immer bedeutungsvoll und präzise. Wichtiger Aspekt dieser Ausstellung ist nicht in erster Linie der Versuch einer Rekonstruktion, sondern die Darstellung der aktuellen Bestandsaufnahme mit dem Werk des Künstlers. Da das damalige Werk nur noch in Fotos und Zeitungsartikeln existiert, steht die spannende Frage nach der Authentizität im Mittelpunkt der Museumspräsentation. Denn was genau passiert ist in Kassel und, später, in Duisburg, ist nur möglich durch eine scharfsichtige Präsentation der Erfahrungen, vieler Erlebnisberichte und dokumentierter Momentaufnahmen. Alles aus zweiter Hand, und doch sehr lebendig und spannend. Klaus HübnerBis 29.07.2012 LehmbruckMuseum, Friedrich-Wilhelm-Str. 40, 47051 Duisburg Tel.: 0203-2832630 Geöffnet: mi, fr, sa 12 – 18 Uhr, do 12 – 22 Uhr, so 11 – 18 Uhr Eintritt: 8/5 Euro, Familien 15 Euro
Weitere Infos: www.lehmbruckmuseum.de