Thomas Schütte, in Oldenburg geboren (1954) und in Düsseldorf lebend, befasst sich seit mehr als dreißig Jahren mit der Kunst des Bauens. Um Verwechslungen auszuschließen: gemeint ist nicht die Kunst am Bau, die der Verschönerung oder der allgemeinen Aufwertung eines meist öffentlichen Gebäudes dient. Wer sich nämlich mit Thomas Schütte beschäftigt, wie das ab 15. Juli die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn tut, der muss den Künstler wörtlich, muss ihn bei jedem genannten Wort nehmen. Etwa sechzig Werke dringen tief in das architektonische Gemüt Schüttes ein, sie stehen nicht für eine Überblicksausstellung sondern heben die Arbeiten mit architektonischem Bezug, kleinformatige Modelle von Häusern, öffentlichen Plätzen etc. und aktuelle, großformatig realisierte der künstlerischen Entwürfe begehbarer Häuser.
Parallel zu seiner Beschäftigung mit Bronze- und Stahlskulpturen, Zeichnungen, Aquarellen und Keramiken, die er seit seiner Studienzeit an der Düsseldorfer Kunstakademie (1973-1981) weiter entwickelte, wandte Thomas Schütte sich als Künstler der Rückgewinnung der Kunst des Bauens zu. Kunst und Architektur standen sich nie besonders freundschaftlich gegenüber – sie führten vielmehr eine gezwungene Zweckgemeinschaftspartnerschaft, die nicht immer konfliktfrei war, sondern in der sich die Beteiligten reiben und beharken konnten. Nicht ohne provokativ zu sein, schritt Thomas Schütte gegen die Trennung von bildender Kunst und Architektur ein und entwickelte ein neues, produktives Verhältnis dieser mit Konkurrenz behafteten kreativen Disziplinen.Erstmals im Format 1:1präsentiert Schütte der Öffentlichkeit ein „Ferienhaus für Terroristen“: ein buntes, containerartiges Holzhaus ohne Möblierung, aber mit einem hölzernen Kamin. Obwohl provokant in seiner Aussage, findet sich in der Realität eine analoge Situation. In einem Ferienhaus in Oberschledorn im Sauerland bastelten drei Terroristen der Sauerland-Gruppe an ihren Bomben. Auch das „One Man House“ stattete Schütte mit einem Kamin aus und fügte der wohnlichen Atmosphäre entsprechende Möbel hinzu. Es ist ein bildhaftes Beispiel für das Alleinsein, in dem der Mensch gefangen ist – symbolisiert durch das im Grunde enge, keine Gesellschaft zu lassende Bauwerk. Den Modellen und lebensgroßen Häusern stellte Thomas Schütte eine Reihe von Aquarellen und größeren Skulpturen an die Seite. Die mit feinem Pinselstrich realisierten Aquarelle stammen aus den Blumenserien, aus den „Deprinotes“ (2006-2008), die sich mit einer subjektiven Befindlichkeit auseinander setzen und in tagebuchartigen Notizen über Verluste, Trauer, Liebe oder Angst berichten, und den „Mirror Drawings“ (Selbstporträts aus dem Rasierspiegel). Sie waren ein Versuch, über das Äußere eine Wendung ins Innere zu ermöglichen, etwas von sich selbst preis zugeben. Diese Versuche erklärte Thomas Schütte als gescheitert, weil sie die Zeichnungen angeblich nichts über ihn aussagten und keine verdichteten Erkenntnisse einbrachten. Thomas Schütte nahm dreimal an der documenta in Kassel teil, erhielt 2205 den Golden Löwen der Biennale von Venedig und ist diesjähriger Preisträger des Düsseldorfer Kunstpreises. Wegen seiner großen Vielfalt an Themen, Techniken und Formen des Ausdrucks ist er eine Ausnahmeerscheinung im internationalen Kunstbetrieb, den er mit gesellschaftskritischen Arbeiten bedient. 15.07 – 01.11.2010 Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Museumsmeile Bonn Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113 Bonn. Öffnungszeiten: di, mi 10 – 21 Uhr, do – so 10 – 19 Uhr. Tageskarte: 8/5 EuroWeitere Infos: www.kah-bonn.de