Wer klingt, als hätte er die Hochzeit des Powerpop und Punk-Revivals leibhaft miterlebt, kann nur guten Mutes sein. Im Falle von Rozwell Kid ist es sogar ziemlich gut, denn die Herrschaften lassen sich den Spaß niemals verderben. Ihr neues Album ´Precious Art´ ist ein Paradebeispiel an niemals enden wollender Jugendlichkeit und wunderbarem Esprit. Sänger Jordan Hudkins sprach mit uns über Windows 95 und Kakteen. Und alles andere dazwischen.
Zum Anfang stellt Jordan direkt klar, dass mit seiner Band alles, aber auch wirklich alles ziemlich normal ist.„Wir sind leider nur ganz normale, humanoide Indie-Rock-Enthusiasten. Ab und zu ziehen wir uns paranormale Märchen rein, aber eigentlich ist da nichts kryptisches rund um unsere Band – außer dem Namen vielleicht.“
Okay, aber nun Hand aufs Herz – wie ist es denn, mit einem Kaktus zu kuscheln (siehe Albumcover)?
„Also ich habe noch nie mit einem gekuschelt, vielleicht zwei, drei mal einen aus Zufall gestreift, und das war nicht die beste Erfahrung, die ich je gemacht habe.“
Manche würden euer neues Album für ein verschollen geglaubtes Juwel aus den 90er Jahren halten...
„Ich denke, unsere Musik ist zeitlos. Ja, die Vergleiche in Sachen Sound zu den 90ern sind sicher berechtigt, aber unser Stoff klingt sicher nicht altbacken. Und nebenbei: Der 90er Powerpop wird niemals alt werden – ich liebe ihn!“
Das waren ja auch klasse Sachen damals, Weezer, Fountains of Wayne, … aber eigentlich seid ihr doch viel zu jung für die, oder habt ihr die in der Plattensammlung eurer Eltern gefunden?
„Nicht in der Plattensammlung meiner Eltern, aber auf der Windows 95-Startup-CD! Da war doch das Video von Weezers ´Buddy Holly´ drauf! Ich weiß noch, wie ich damals immer in den örtlichen Wal-Mart gegangen bin, um dort die Snippets vom blauen Album anzuhören, bis ich die Kohle dafür zusammen hatte. Bei Fountains of Wayne war ´Mexican Wine´ meine Einstiegsdroge, nachdem mir das ´Stacy's Mom´-Video nicht so zugesagt hatte. Heute verehre ich ihre ganze Diskographie.“
Bei Rozwell Kid geht es eindeutig um Spaß, Spaß und nochmals Spaß. Gibt es auch Momente, wo ihr eigentlich ernster sein möchtet?
„Rozwell Kid kann immer das sein, was es gerade will – das ist eigentlich das beste an dieser Band. Ich kann hier genauso gut einen total platten Brüller vertonen als auch wesentlich ernsteres. Das sorgt auch für eine gewisse Dynamik und macht ein Album einfach interessanter. Das Leben hat ja auch nicht immer nur ein Tempo... es geht herlich hoch und runter und all das möchte ich auch einfangen und vertonen.”
So kommt es dann auch, dass ihr herzlich herzhaft über Popel auf dem Smartphone singt – ist das eine dieser Geschichten, die jeder kennt aber sich niemand traut, zu erzählen?
„Haha, ich kann jetzt nicht für jeden sprechen, aber ich glaube, viele Leute kennen die Situation, wenn ein Popel auf dem Touchscreen klebt. Jeder bohrt doch mal in der Nase! Ich glaube nicht, dass ich besonders mutig bin, darüber zu singen, aber ich mag es, eine so unschuldig wirkende und eigentlich eklige Situation zum Katalysator für eine schöne Geschichte zu machen.”
In der Kürze liegt die Würze. ´South By´ and ´Wish Man´ sind beide so kurz – nur, weil die Stories so schnell erzählt sind? Gerade ´Wish Man´ hätte doch noch ewig weitergehen können!
„Bei ´South By´ geht es nur um die Melodien und Harmonien, das war anfangs nur eine Übung, die schließlich auf dem Album gelandet ist. ´Wish Man´ dagegen ist wirklich eine komplette Geschichte – auch, wenn sie nur zwei Sätze und Hundegebell beinhaltet. Und das gefällt mir sehr gut. Ich hab drüber nachgedacht, die Idee noch auszubauen, aber hey – ein geiles Gitarrenriff, ein paar Worte für eine ganze Story und fertig – eigentlich sollten viel mehr Songs dieser Formel folgen!“
Aktuelles Album: Precious Art (Side One Dummy / Cargo)
Foto: Emily Dubin