Unsere Titelhelden vom April 2015 sind zurück, und sie haben sich neu erfunden! Wo sich Waves-Sänger Kieran Shudall vor knapp zwei Jahren noch bescheiden gab, ist nun großes Selbstbewusstsein angesagt. Denn der Anspruch steigt mit der Leistung! Als das Debutalbum des Liverpoooler Quartetts erschien, war die Formation froh, überhaupt auf Festivals performen zu dürfen. Nun möchten die Circa Waves die größten Festivals headlinen!
War beim Interview zum Debut subjektiv noch die Interview-Strategie „Sei freundlich, aber sage nichts aus“ angesagt, so klingen die Statements heute ganz anders. „Wir befinden uns gerade in der Blüte unseres Lebens. Die Musik, die wir machen, sollte demzufolge auch auf den größten Bühnen zu hören sein!“, betonte Waves-Kopf Kieran Shudall im Gespräch. Überhaupt hat sich der Mittzwanziger schnell in seine neue Rolle hineingearbeitet. Entsprangen seinem Mund zu ´Young Chasers´ 2015 eher Worthülsen, ist das Selbstbewusstsein mit ´Different Creatures´ deutlich gestiegen. Die neue Cover-Ästhetik erinnere an das 1967er ´Bananenalbum´ von Andy Warhol / Velvet Underground, sowie an ´Violator´ von Depeche Mode, findet Shudall. Die Augen auf dem Cover von ´Different Creatures´ sollen als eine Art Corporate Design nun alle Waves-Produkte zieren, damit die Gruppe einen ähnlich hohen Wiedererkennungswert erlangt, wie die o.g. Kultbands mit ihren größten Erfolgen.„Es soll einfach ein einfaches Image geben! We create simplicity!“
Dennoch erinnern die neuen Sounds eher an ´Flowers in the Dustbin´, an die Klänge der englischen Wave- und Punkbands der späten Siebziger, bzw. der frühen Achtziger Jahre.
Shudall: „Ich würde sagen, die Circa Waves sind eher von den Bands der Neunziger inspiriert. Wir persönlich hör(t)en die Foo Fighters, die Smashing Pumpkins.“
Die von ihm erwähnten Velvet Underground / Depeche Mode gehören musikalisch nicht zu den Waves-Favoriten. „VU habe ich nie wirklich gehört. Lediglich eine kurze Zeit `Transformer´ von deren Sänger Lou Reed.“
Dass die Circa Waves soundmäßig subjektiv dennoch eher englisch als amerikanisch anmuten, gefällt Shudall. „Oh, that´s cool.“
Seine Arbeitsweise beschreibt er gar offen als Passion. Er hat die elf Songs des neuen Werkes nicht nur komponiert, sondern auch betextet. Seine Band mache lediglich den Sound größer! „Ihr werdet überrascht sein, wie viele Bands in einer Art Songwriter-Stil arbeiten. Die Circa Waves sind als Project meine Passion. Ich arbeite von zuhause aus. Mache Demos. Lass sie so gut klingen, wie nur irgendwie möglich. Gemeinsam, als Band, füllen wir abschließend lediglich den Sound auf, machen ihn im Zusammenspiel größer.“
Mit Songwriting und dem Produzieren haben die Kollegen lediglich marginal zu tun. Konsequenterweise wird Kieran Shudall allein in den Credits als Autor für alle Titel, als Sänger und Gitarrist geführt. Joe Falconer (Backings, Gitarre), Sam Rourke (Bass) sowie Colin James (Schlagzeug) erscheinen eher bescheiden mit ihren Inputs. Produziert hat Shudall zusammen mit Alan Moulder. Aber nicht deshalb, weil Moulder die von Shudall geschätzten Arctic Monkeys produzierte, sondern weil der Producer die ersten Alben der Killers sowie die o.g. Smashing Pumpkins in die richtigen Bahnen lenkte, weil er die geliebten Foo Fighters abmischte. Sind die Circa Waves wohlmöglich eventuell gar keine richtige Band? Schließlich dürfte Shudall mit seinen Beiträgen deutlich mehr verdienen, als die Mitmusiker. Shudall lacht. Mehrmals. Lautstark. Schließlich antwortet er: „Kein Kommentar“. Doch gerade das sagt alles... Oder? Zu diesem Kommentar gesellt sich noch das Gerücht, die Circa Waves hätten nach Beendigung der letzten Tour kaum mehr miteinander gesprochen.
Shudall: „So war es. Wir haben eine lange Zeit auf engstem Raum miteinander verbracht, nur noch zusammen existiert. Nach der Tournee benötigten wir dringend eine Pause voneinander, um uns um unsere Familien und Freundinnen zu kümmern.“
So wurde also privatisiert, (sicher auch) gefeiert. Denn: „Die Riffs zu ´Goodbye´ habe ich komponiert / aufgenommen, als ich betrunken war. Am nächsten Tag konnte ich mich nicht mehr daran erinnern. Als ich dann die Demos anhörte, musste ich meinem `betrunkenem Ich´ für die Griffe danken.“
In Feierlaune ist derzeit auch der örtliche Fußballklub FC Liverpool, denn der seit 2015 vom deutschen Trainer / Team-Manager Jürgen Klopp betreute Traditions-Klub steht endlich wieder ganz oben in der Tabelle der englischen Premier-League. Shudall: „Klopp ist ein guter Entertainer, mit der ganzen Energie, die er einbringt. Dennoch bin ich nicht wirklich jemand, der sich Fußballspiele ansieht.“
Würde Shudall für den neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump performen? Die Absagenflut von angesagten Künstlern zur Inauguration des Präsidenten war noch in aller Munde, als das Westzeit-Interview stattfand. Letztlich spielten zu den Feierlichkeiten dann eher C-Promis auf. Shudall macht eine gedankliche Ruhepause, bevor er antwortet. Und auch die Replik kommt nicht so prägnant herüber, wie seine vorherigen Antworten. Das Virus des Gespräches zum Debut-Album machte sich wieder breit. Shudall mochte weder eine eindeutige Zusage machen, noch ließ er durchblicken, ob er einer derartigen Anfrage absagen würde. „Ich würde dem Präsidenten wahrscheinlich mitteilen, dass ich alle Einkünfte karitativen Zwecken spenden würde.“
Da dieses politische Thema dem Künstler unangenehm zu sein scheint, ersparen wir ihm Fragen zum ´Brexit´. Denn der nächste Journalist wartet bereits, folglich kommt das Interview-Exit.
Aktuelles Album: Different Creatures (Virgin / Universal) VÖ: 10.03.
Foto: Joost Vandebrug