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BLACKFIELD

Schnittmenge zweier Genies

BLACKFIELD

Es gibt Ereignisse, die sich in das kollektive Gedächtnis der Menschheit eingebrannt haben. Die Ermordung Kennedys, Brandts Kniefall in Warschau, ´9/11´ - um nur einige zu nennen. Auch der 4. November 1995 hat die Welt ein stückweit verändert; es ist der Tag, an dem ein jüdischer Fanatiker seine Pistole zieht und den israelischen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin - Hoffnungsträger für dauerhaften Frieden und Stabilität in seinem Land und im Nahen Osten - aus nächster Nähe erschießt.

Nur ein paar Meter vom Mordopfer entfernt steht an jenem Abend Aviv Geffen, ein junger Musiker, der für viele Jugendliche seiner Heimat Israel wegen seiner Nähe zur Friedensbewegung und seiner Lieder, in denen er immer wieder auch die Gewalt vor Ort thematisiert, schon längst ein Idol ist.

Er, Sohn des israelischen Dichters Jonathan Geffen, und – Ironie des Schicksals – auch Großneffe des Hardliners General Moshe Dayan – ja, genau, der mit der Augenklappe - berührt Millionen Menschen, als er das Jitzchak Rabin gewidmete Stück ´To Cry For You´ bei den Beerdigungsfeierlichkeiten vor vielen Tausend Menschen intoniert. Einige Jahre vergehen, und es muss 2004 gewesen sein, da lädt er ´Porcupine Tree´, eine seiner Lieblingsbands, für einige Konzerte nach Israel ein. Gitarrist Steve Wilson und er werden gute Freunde, gemeinsam bereisen sie die Heimat Geffens, und wenn zwei Musiker diesen Ranges aufeinander treffen, so liegt es wohl nahe, auch gemeinsam Songs zu schreiben.

Das Projekt ´Blackfield´ ist geboren, und Ende des Jahres hat man die Ideen zu einer ersten LP ausgearbeitet. Die beiden gehen gemeinsam auf Tour, bereisen sie USA und Europa, drei weitere Musiker sind dabei, unter anderem ´Dream Theater´ Keyboarder Jordan Rudess. Weitere gemeinsame Alben folgen, und ´V´ ist nun das aktuelle Produkt der israelisch-britischen Zusammenarbeit. Achtzehn Monate lang haben die beiden Musiker in London und Tel Aviv an den insgesamt dreizehn Stücken gearbeitet. Die Veröffentlichung hatte sich zunächst verzögert, da Wilson mit einigen Mixdowns nicht hundertprozentig zufrieden war – für einen Perfektionisten und seine Fans muss eben immer alles perfekt sein. Dabei hatte er sich nach der Fertigstellung von ´IV´ im Jahre 2013 zurückgezogen, war nicht mehr aktiver Teil der Band, zuviel Zeit nahm seine Solo-Karriere in Anspruch, nun will er wieder mehr Zeit für ´Blackfield´ aufbringen. Auch für Aviv Geffen ist das ok, bei dieser Form der Zusammenarbeit muss man sich Freiräume lassen.

„Blackfield ist die perfekte Mischung zwischen Steven und mir, aus der Musik klingt heraus, dass wir wirklich gute Freunde sind“, hat er jüngst einem Interview gesagt. Und wenn man ihn danach fragt, inwieweit sich der Sound von ´Blackfield´ im Laufe der Zeit, im Laufe der insgesamt fünf Alben verändert hat?

„Vielleicht etwas mehr Pop, aber auch etwas Jazz, deutlich weniger Metal … und natürlich bringt Steven sehr viel Prog mit, ich selbst habe ja damit eigentlich gar nicht so viel am Hut, hör’ Dir mal meine Songs an …“.

Wie muss man sich überhaupt eine Zusammenarbeit zwischen zwei viel beschäftigten Musikern über solch’ große Entfernungen vorstellen?

„Es ist keineswegs so, dass wir uns Soundfiles per Emails hin und herschicken, wir legen großen Wert darauf, dass die Musik tatsächlich live im Studio entsteht und organisch wächst.“

Auch den Weg nach Los Angeles zu Produzentenlegende Allan Parsons scheut man nicht. Gibt es denn so etwas wie eine Message?

„Ja, vielleicht die, dass wir alles im Grunde ein stückweit Verlierer sind, Menschen, die große Träume haben, aber am Ende sind wir doch allein’. Wir sind nur ein Tropfen im Ozean, nur sehr kurz hier auf Erden. Wir kämpfen ständig darum, ein schönes, erfülltes Leben zu haben – aber wir scheitern letztlich an unseren Ansprüchen. Auch wenn Du Kinder, eine Familie, ein Haus und alles sowas hast – Du hast immer das Gefühl, dass Du irgendwas schwer vermisst. Steven und ich sind zu Schulzeiten beide so ein bisschen Außenseiter gewesen, haben Genesis, ELO und Pink Floyd gehört. Wir fühlen und denken, wir ticken auch sonst sehr ähnlich.“

Dann kommt die Melancholie, die in der Musik von Blackfield, auch bei den schnelleren Stücken nicht nur mitschwingt, sondern ein essentieller Bestandteil zu sein scheint, also nicht von ungefähr. Hätte man sich ja denken können.

Aktuelles Album: V (Kscope / Edel) VÖ: 10.02.

Foto: Hajo Möller

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