Jahrelang erschien Rocky Votolato als Garant für sympathisch bodenständige, wehmütige, persönlich gefärbte Akustiksongs mit romantischer Note. Nachdem Votolato seine ehemalige Band Waxwing, die er zusammen mit seinem Bruder Cody gegründet hatte, aufgelöst hatte, schien sich Votolato in der Nische der akustischen Songwriter eingerichtet zu haben. Umso überraschender und auch erfreulich, dass seine neue Scheibe ´Hospital Handshakes´ jetzt eher wieder als druckvolle Rockscheibe – zumal mit durchweg positiven Vibes - daher kommt.
Für Rocky Votolato hatte dieses musikalische Aufblühen indes einen Preis: Nach der Veröffentlichung seines letzten Albums ´Television Of The Saints´ fiel er in ein kreatives Loch und durchlebte er eine Sinnkrise, aus der er sich erst im Laufe der letzten Monate wieder herausarbeiten konnte.„Das neue Album ist eine Art Wendepunkt für mich“, berichtet Rocky, „denn nachdem sich über einen sehr langen Zeitpunkt die ganze negative Energie in mir angesammelt hatte – was eine ganze Menge war, denn ich habe schließlich immer auf die Musik als Sinn meines Lebens vertraut und war regelrecht erschüttert, als diese kreative Energie, die jeder braucht, plötzlich versiegt war - befand ich mich mental in einem sehr schlechten Zustand. Meine Art mit dem Leben umzugehen, war halt nun mal die gewesen, zu musizieren. Und ich vermisste auch die heilende Wirkung der Musik. Davon wurde ich langsam verrückt. Nach außen hin funktionierte ich noch, aber ich war ganz schön deprimiert. Schließlich, im letzten Sommer, brach dann der Damm und die Songs quollen geradezu aus mir heraus. Ich schrieb dann gleich 30 Songs.“
Da stellen sich aber doch zwei Fragen: Woran lag es denn, dass Rocky in diese Situation geraten war und wie fand er dann wieder dort heraus? Es klingt so, als gehöre er zu der Sorte von Songwritern, die ein Rezept haben und alles unter Kontrolle zu haben glauben.
„Absolut – alle meine Methoden, intellektuell an die Sache heranzugehen, funktionierten dann aber nicht mehr. Es gab da für mich einen Bruch zwischen Herz und Seele. Das ist der Grund für meine Krise und das macht es auch so mysteriös für mich. Meine Erkenntnis war dann, dass Du Musik nicht mit Methoden erfassen kannst. Es gibt keine Methoden. Es passiert halt alles immer wieder auf eine andere Art und Weise. Das muss man akzeptieren und sich auch ein wenig treiben lassen. Man muss sich selbst und anderen vertrauen. Und das war mein Problem gewesen: Ich hatte nichts und niemandem mehr vertraut.“
Was ist denn in diesem Zusammenhang ein ´Hospital Handshake´?
„Das ist eine gute Frage“, überlegt Rocky, „das ist ein interessanter Titel, nicht wahr? Für mich ist Musik ja, wie gesagt, eine heilende Kraft und für mich bedeuten die beiden Worte 'Krankenhaus' und 'Handschlag' in diesem Zusammenhang eine gute Art, diese Zeit in meinem Leben zu beschreiben. Beide können eine doppelte Bedeutung haben. Krankenhäuser sind als solches ja ziemlich beängstigende Orte, an denen man nicht gerne sein möchte. Andererseits sind es auch Orte, an denen man geheilt wird. Das auch ist ein Thema dieser Scheibe. Ein 'Handshake' kann ja einerseits einen 'Handschlag' bedeuten – andererseits aber auch, dass Deine Hand zittert – weil man überwältigt oder verängstigt ist. Und das war mir ja auch passiert. Diese Doppeldeutigkeit beider Begriffe faszinierte mich an diesem Titel. Es geht um einen verwundeten Heiler, der ein traumatisches Erlebnis durchläuft und durch diese Erfahrung anderen helfen kann.“
Rocky Votolato besinnt sich mit dieser CD also auf die Grundtugenden der Musik zurück und liefert damit sein bislang kraftvollstes Statement ab.
Aktuelles Album: Hospital Handshakes (Glitterhouse)