Bekannt wurde die Londonerin Eve Owen eigentlich durch Auftritte als Gastsängerin bei der US-Band The National, auf deren letztem Album ´I Am Easy To Find´ sie mit Matt Berninger das Duett ´Where Is Her Head´ beitrug. Es war Aaron Dessner, der Eve's Potential – nicht nur als Vokalistin, sondern auch als Songwriterin – erkannt hatte. Und der war es dann auch, der Eve als Produzent unter seine Fittiche nahm und sie einlud, während ihrer Schulferien über einen Zeitraum von drei Jahren bei einem Aufenthalt im heimatlichen Hudson Valley jene Songs zu entwickeln, die sich nun auf Eves Debütalbum ´Don't Let The Ink Dry´ befinden.
Dessner organisierte auch Musiker wie z.B. Thomas „Doveman“ Bartlett, der seinerseits ja auch schon The National produzierte oder Tontechniker Jon Low mit denen zusammen das Duo dann auch das attraktive, zwar folkbasierte aber auch experimentell ausgerichtete Sounddesign des Albums entwickelte und das Material schließlich im Long Pond Studio – einer umgebauten Scheune im Hudson Valley - einspielte. Auch wenn es so scheinen könnte: Vom Himmel gefallen ist Eve Owen also nicht.„Nein – ich habe im Alter von 7 schon angefangen Geige zu spielen“, berichtet Eve von ihrer musikalischen Laufbahn, „meine Schwester spielte auch Klavier und so lernte ich dann auch ein paar Akkorde und schrieb meinen ersten Song mit 10. Als ich dann begann, Gitarre zu spielen, kannte ich nur vier Akkorde – aber ich habe jeden einzelnen davon genossen. So bin ich auch heute noch, wenn ich Musik höre: Ich nehme mir wirklich Zeit dafür. Mit 15 habe ich mich dann intensiv mit dem Schreiben von Songs beschäftigt. Ich habe damals auch ein paar Songs in Guy Chambers Studio in London aufgenommen."
Eve's Songs überraschen – angesichts ihres jugendlichen Alters – durch eine poetische Abgeklärtheit und emotionale Tiefe. Was betrachtet Eve denn selbst als Inspirationsquelle für diese Art der Herangehensweise?
„Matt Berninger ist mein Vorbild“, gesteht sie, „Seine Texte balancieren immer zwischen dem Banalen und dem Außerordentlichen. Jeder Moment, alle Gedanken – ob groß oder klein – haben stets das gleiche Gewicht, weil sie der gleichen Quelle entspringen. Die großen Fragen des Lebens, die wir alle verspüren, wenn wir abends ins Bett gehen, sind in seinen Texten nur einen Haarbreit von den flüchtigen Gedanken an einem Sonntag Morgen entfernt."
Ein besonderes Highlight des Albums sind demzufolge auch Eves eigene Texte, in denen sie genau beobachtete Alltagsdetails und -Szenarien aus ungewöhnlichen Perspektiven mit einer lyrischen Note verquickt. Worum geht es Eve selbst in diesem Zusammenhang?
„Die Geschichte – worum immer es dabei auch gehen mag“, überlegt sie, „Ich muss gar nichts anderes kommunizieren außer der Geschichte. Wenn es mir gelingt, die Geschichte rüberzubringen, dann hat mein Song das erreicht, was ich zu erreichen beabsichtigte."
Und was löst dann das Bedürfnis aus, eine Geschichte in einem Song zu verpacken?
„Nun es dauert eine ganze Weile einen Song zu schreiben“, berichtet Eve, „manchmal beginnt das mit etwas ganz Persönlichem. Manchmal schreibe ich zum Beispiel einen Song anstatt über etwas zu weinen.“
Klar, dass so etwas dann melancholischer Natur ist. Sind die Texte denn autobiographisch?
„Meine Texte sind manchmal autobiographisch – aber nicht immer“, schränkt Eve ein, „manchmal versuche ich auch, mich über Geschichte oder Persönlichkeiten zu informieren oder eine Konversation, die ich gehört habe, einzubinden. Auf diese Weise hat ein Song dann auch die Möglichkeit, etwas mehr als eine persönliche Bedeutung zu haben. Ich versuche halt, auf diese Weise in die Psyche der Gesellschaft zu vorzudringen.“
Hat Eve mit dieser Scheibe dann schon erreicht, was sie sich als Songwriterin und Künstlerin vorgenommen hat?
„Ich denke, dass ich noch einen langen Weg vor mir habe“, zögert sie, „aber ein guter Anfang ist schon mal gemacht.“
Aktuelles Album: Don’t Let The Ink Dry (37d03d / Cargo)
Foto: Jen Long