(Ch. Links, 144 S., 20,00 Euro)
Es war tatsächlich ein "kurzer Sommer der Anarchie", der da im November 1990 mit der robusten Räumung der seit sechs Monaten besetzten Häuserzeilen im Herzen von Friedrichshain sein Ende fand - die Träume von bunten Alternativen zu Kapitalismus und Staatssozialismus zerplatzten an den Schilden von Polizeitruppen aus ganz Deutschland. Allerdings standen auch auf der anderen Seite nicht die Bohemiens, mit denen wir in den 80ern in den ofenbeheizten Bruchbuden im Prenzlauer Berg gefeiert hatten, sondern mehrheitlich Westberliner Hardcore-Besetzer und Revolutionstouristen aus Schwaben. Der mit vielen Fotos, Flugblättern und anderen Erinnerungsstücken schön ausgestattete Essayband blickt aus heutiger Sicht zurück auf die wilden und gewaltreichen Tage vor 30 Jahren, lässt Besetzer und (unbeteiligte) Anwohner, aber auch Politiker und Polizisten zu Wort kommen und reflektiert auf diese Weise das sehr heterogene und auf allen Seiten auch heute noch kritisch zu hinterfragende Phänomen "Mainzer Straße" sehr gelungen. Dass in der Mainzer inzwischen das solide Bürgertum residiert ist klar, oder?Weitere Infos: www.christoph-links-verlag.de/index.cfm?view=3&titel_nr=9104