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HEINER MÜLLER

Für alle reicht es nicht - Texte zum Kapitalismus

Edition Suhrkamp, 389 S., 16,00 EUR

2017 ist Müller seit über 20 Jahren tot. Tot, aber nicht verstummt, denn die Geschichtsmuse Klio gibt dem Dichter mit jedem Tag und jeder Tagesschau unerbittlich recht. 2017 ist auch den siegestrunkenen CDU-Wählern von 1990 klar: Für alle reicht es nicht. Weswegen sie nicht ganz unkonsequent ihre Stimme an die AfD abgegeben. Auch Fukuyamas "Ende der Geschichte" ist nun zu Ende. Der Kapitalismus hat keineswegs gesiegt, sondern das Unausweichliche - sofern sich nicht überraschend doch eine utopische Lösung in Form einer tatsächlichen Revolution auftäte - nur herausgezögert. Gegen die (v.a. nach dem Tod von Dimiter Gotscheff) etwas mythenverhangene jüngere Müller-Rezeption setzt diese von seiner Witwe initiierte Textsammlung bedingungslos auf neugelesene Aktualität der schon bei ihrer Entstehung prophetischen Texte. "Vermutlich Anfang der 1950er Jahre" steht unter dem "Rätsel", mit dem H.M. in vier kurzen Gedichtzeilen Lampedusa vorhersagt: "Dein Bauch ist ein voller Bauch / Meiner ist ein leerer. / Leerer oder voller Bauch - / Welcher wiegt wohl schwerer?" Weitere "Anspieltips" gefällig? "Das Liebesleben der Hyänen", "Nachtflug Frankfurt Tokio", eigentlich jeder der hier versammelte Texte. Eigentlich jede Zeile von Heiner Müller.
Weitere Infos: › www.fuerallereichtesnicht.de


Mai 2017
CLEMENS MEYER
HEINER MÜLLER
SVEN HANNES
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