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Let´s buy it! - Kunst und Einkauf von Albrecht Dürer über Andy Warhol bis Gerhard Richter

Ludwig Galerie Schloss Oberhausen



Der Ort ist gut gewählt: In unmittelbarer Nähe zu Europas größtem Shopping- und Freizeitzentrum, dem Centro, widmet sich ein ambitioniertes Ausstellungsprojekt dem Thema Kunst und Kaufen. „Let's buy it!“ heißt es nun nicht nur in der Mall, sondern auch in der Ludwig-Galerie im Schloss Oberhausen.

Abb. links: Don Eddy Strumpfhosen, Handtaschen und Schuhe, 1974
Ludwig Forum für internationale Kunst, ©Don Eddy, Foto Anne Gold, Aachen
Abb. rechts: Mel Ramos Coke, 1972, © VG Bild-Kunst, Bonn 2016

Zur Begrüßung glitzert einem „Buy Now“ entgegen. Katharina Arndt hat den Slogan mit falschen Diamanten auf Acrylglas geschrieben. ´Konsum-Exhibitionistin´ Sylvie Fleury gruppiert Einkaufstüten von Nobelmarken und Don Eddy hat eine knallbunte Schaufensterauslage auf die Leinwand gebracht, während Wolf Vostell eine B 52 Lippenstifte abwerfen lässt. Kunst als Beschäftigung mit dem Konsum. Die darf auch durchaus mal kritisch ausfallen.
Aber die 300 Werke aufbietende Ausstellung will mehr und bietet zur Einstimmung auch Dürers „Anbetung der Könige“ und ein Früchtestillleben aus dem 17. Jahrhundert auf. “Let's buy it!“ erinnert an einen alten Kaufhof-Slogan: Bietet tausendfach alles unter einem Dach. Vom Kupferstich bis zum Video, von der Ölmalerei bis zur Performance passt alles in die Auslage. Mit Kunstwerken vom Mittelalter bis zu ganz aktuellen Beiträgen solle die Breite des Themas angerissen werden. „Im Kopf muss es dann weitergedacht werden“, hofft Kuratorin Dr. Christine Vogt.
Permanente Perspektivverschiebungen machen das jedoch nicht ganz so einfach. Im Themenraum „Kunst und Geld“ geht es sowohl um das Verhältnis der Künstler zum Geld als auch um Kunst mit Geld. Neben einer Darstellung des Verrats des Judas von 1380 findet man dort Philipp Valentas zu Kissen umfunktionierte Bundesbank-Geldsäcke. Danach begegnet man „Menschen im Warenhaus“ etwa im bildjournalistischen Foto-Zyklus von Rudolf Holtappel. Sie treiben sich aber auch vor einem „Apple Store“ (Gudrun Kemsa) rum, treffen sich im Ruhrgebiet am Büdchen (Brigitte Kraemer) oder stehen Schlange vor einem Lebensmittelgeschäft (Heinrich Zille).
Zurück zum allgegenwärtigen Dürer. Der Nürnberger wird in Oberhausen als erster Kunstunternehmer ins Feld geführt. Da ist das Motiv dann nebensächlich. Es geht nämlich vor allem um die Kunst als Ware und den Kunstmarkt, der keine neue Erfindung darstellt. Um das zu zeigen, wurde ein „bunter Reigen“ aufgeboten, wie es die Kuratorin nennt. Man sieht etwa die kess in die Kamera von Herlinde Koelbl blickende Louise Bourgeois (mit Cola-Büchse) und staunt weniger über die erwartbaren Pop-Artisten wie Andy Warhol als über Picassos und Barlachs, die ebenfalls im zentralen Kapitel „Kunst und Markt“ gezeigt werden, um . . . Ja, warum eigentlich?
Die Position, die die Ausstellung ihrem Thema entgegenbringt, ist von noch größerer Unschärfe als Gerhard Richters Gemälde, das „Mutter und Tochter“ Brigitte Bardot beim Bummeln zeigt. Dass es heute deutlich mehr erlösen würde, als es seinerzeit gekostet hat, ist kein wirklicher Erkenntnisgewinn. „Dass der Kunstmarkt aus den Fugen geraten ist“, wie Christine Vogt meint, ist eine von vielen geteilte Einschätzung. Eine explizit kritische Position bleibt „Let's buy it!“ indes schuldig.
Ironische Brechungen gehören zu den kurzweiligen Momenten – etwa Laas Abendroths Schriftzug „Geld auf Leinwand“ neben dem Richter-Bild oder Heiner Meyers „Botox Boxes“ im Stile der Brillo-Kartons von Warhol. Aber was hat die Skulptur des Heiligen Sebastian in der Abteilung „Sex sells“ neben Pop-Art von Mel Ramos verloren? Das sei ganz im Sinne von Irene und Peter Ludwig, die forderten, dass Kunst in einen Dialog treten solle – auch Alte und Zeitgenössische. Schade, dass das Stifterpaar nichts mehr sagen kann.
Das Resümee: Gut gemeint, schlecht gemacht. Was leider kein gutes Verkaufsargument ist. Ulli Traub
Let's buy it! (- 14.05.2017)
Ludwig-Galerie im Schloss Oberhausen 0208/41249-28
› www.ludwiggalerie.de
Katalog im Kerber Verlag, 29,80 Euro




Februar 2017
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