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SPITTING OFF TALL BUILDINGS

Nie mehr zweite Liga!

SPITTING OFF TALL BUILDINGS

Herzblut, Leidenschaft, Hingabe – egal, wie man die Zutat nennt, die aus x-beliebigen Rockcombos große Bands werden lässt: Spitting Off Tall Buildings hatten sie. Hatten sie? Ja, genau, denn das zweite Album der an dieser Stelle bereits mehrfach enthusiastisch gefeierten Band aus Berlin, die oft zu Unrecht lediglich auf ihre Sängerin Jana Pallaske reduziert wurde, ist gleichzeitig auch ihr letztes. „Good Night And Good Luck“ heißt es, doch auch wenn es textlich wie musikalisch den Kampf widerspiegelt, der den Entstehungsprozess begleitete und letzten Endes zu der Entscheidung führte, zukünftig getrennte Wege zu gehen, ist das Album, viel melodiöser als das teilweise etwas sperrigere Debüt, dennoch ein großer Wurf – nicht nur für Fans von Hüsker Dü, Sonic Youth oder Rites Of Spring.

„Alles ist eher schleichend passiert“, antwort et Gitarrist Paul Radermacher bei unserem Interview auf die Frage, wann genau der Entschluss getroffen wurde, die Band aufzulösen.

„Bei den Proben wurde es immer schwerer, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Ein paar Dinge, die die Hälfte der Leute in der Band super fand, fand die andere Hälfte komplett missraten, und irgendwann macht es dann einfach keinen Spaß mehr. Es erfordert so viel Zeit und Energie, selbst auf unserem kleinen Level Musik zu machen, dass man so etwas nur durchziehen kann, wenn es überwiegend Freude macht. Die Lieder, die jetzt auf der Platte sind, finden alle vorbehaltlos gut, aber es war ein sehr aufreibender Prozess, diese Essenz herauszufiltern. Wir wussten also vor den Aufnahmen schon, dass es unsere letzte Platte wird, aber wir wollten noch eine Platte machen, die viel näher an unseren Vorstellungen dran ist als unsere erste, und meiner Meinung nach hat das auch geklappt. Ich mag auch, dass die Texte doch ziemlich ungefiltert viele unserer Probleme reflektieren. Ich glaube, so ehrlich waren wir noch nie.“

Das geht sogar so weit, dass Jana sagt, sie könne sich die Platte bis heute nicht anhören, weil ihr die Texte zu nah gehen:

„Letztens war ich in einem Plattenladen, und da lief sie – ich war total überrumpelt und fing an zu heulen. Wenn wir die Lieder im Proberaum spielen, hab ich früher oder später auch immer wieder nen dicken fetten Klos im Hals. Ich meine, was für eine Tortur, du stehst neben der Person, mit der du fünfeinhalb Jahre Leben und Träume geteilt hast, und ihr singt euch gegenseitig all diese traurigen Lieder, die ihr übereinander geschrieben habt.“

Dass die Songs so ungeschminkt klingen, liegt aber nicht nur an den unverblümten Texten, sondern vor allem am naturbelassenen Sound des Albums. Angenehm unproduziert klingen die Songs, Kunststück, entstanden die Aufnahmen doch im berühmten Electrical Audio Studio in Chicago mit keinem Geringeren als Großmeister Steve Albini am Mischpult!

„Uns war schon ziemlich bewusst, wie Albini arbeitet und wie eine Aufnahme von ihm klingt“, erzählt Paule. „Auch, dass er sich ausschließlich als Engineer sieht und keinerlei Einfluss auf die Songs nimmt. Deswegen haben wir’s auch hinbekommen, in neun Tagen das ganze Album aufzunehmen und zu mixen. Ich mag den rohen Sound auch sehr!“

Zustande gekommen ist die prestigeträchtige Zusammenarbeit übrigens auf ganz zwanglose Weise, weil Moses Schneider, der den Spits-Erstling produziert hatte, dieses Mal nicht zur Verfügung stand. „Wir wollten eigentlich wieder mit Moses aufnehmen“, bestätigt Paule, „aber der Mann ist ja so busy, der hatte einfach keine Zeit für uns. Da haben wir einfach in Chicago angerufen, schöne Grüsse von McLusky ausgerichtet – und dann lief das einfach.“

Zumindest, was das Ergebnis angeht, ohne Frage der perfekte Schlussakkord für eine kurze, turbulente Bandkarriere, die im Herbst mit einer Abschiedstournee endgültig ausklingen soll.

„Man kann Bands sehr gut mit Fußballmannschaften vergleichen“, glaubt Bassist André Jürgens rückblickend. „Zum Beispiel die Beatsteaks. Die haben es geschafft, mit Ausdauer, Fleiß und Freude am Spiel von der Regionalliga in die Bundesliga aufzusteigen und sich dort zu etablieren. Wir haben den Aufstieg von der Regionalliga in die zweite Bundesliga geschafft und sind dann Insolvent gegangen. Es war aber eine tolle Zeit in der zweiten Liga, und wir sind stolz darauf, dabei gewesen zu sein!“

Aktuelles Album: Good Night And Good Luck (Exile On Mainstream / Southern / Soulfood)


Weitere Infos: › www.spittingofftallbuildings.com

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