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JEROBEAM

Frühaufsteher

JEROBEAM

Lennart A. Salomon ist nicht unterzukriegen: Obwohl dem Mann mit seinem Elektro-Pop-Projekt Sono bereits attestiert wurde, die „Pop-Musik der Zukunft“ erfunden zu haben, ist er dennoch in die Zwickmühlen des Business geraten. Die neue Platte war schon fertig, aber im Zuge der Firmen-Umstrukturierung fand sich bislang niemand, der das gute Stück veröffentlichen will. Doch trotz Ärger mit dem Major-Label fand er die Zeit und die Muße, seinem „Zweitprojekt“ Jerobeam nun ein zweites Leben zu schenken (und das natürlich NICHT auf einem Majorlabel).

„Dem Plattenmarkt geht es nicht gerade besser, seit dem ich ins Musikbusiness ‘eingestiegen’ bin“, klagt Lennart, „es geht vielmehr seit vier Jahren ziemlich bergab. Das hat bei mir zur Folge, daß ich mich um so mehr über jede Reaktion auf meine Musik freue, und daß der Wille künstlerisch zu überleben immer stärker wird. Es fällt immer schwerer, sich auf Gegebenheiten verlassen zu können und so ist umdenken und ‘neue Wege finden’ ein sehr gewöhnliches Mittel geworden.“ Das Ergebnis, „Confidential Breakfast“ ist nun so etwas wie eine musikalische Frischzellenkur geworden. Anders als auf dem Jerobeam-Debüt, „What’s The Deal?“ verzichtet Lennart ganz auf Samples, Bläsersätze und die Hilfe seiner Kumpels von Mardi Gras.bb, sondern spielte mit einer festen Band eine Art alternatives Garagenrock-Album ein. Ohne dabei seine stilistische Vielseitigkeit hintanzustellen. Aber wie ein Mix-Tape hört sich die neue Scheibe wahrlich nicht mehr an. „Also die Größe des Schrittes von der einen zur anderen Scheibe ist mir nicht so bewußt gewesen“, schränkt Lennart ein, „wenn man sich beide Scheiben parallel anhört, finde ich ihn auch gar nicht so groß. Es ist eigentlich nur eine kleinere Band. Ich wollte vor allen Dingen auch eine eigene Band haben, für die ich nicht jedesmal 500 km mit dem Zug zurücklegen muß, um zu proben, wie bei ‘Deal’. Ich lebe schließlich in Hamburg und MGBB kommen aus dem Raum Mannheim...“ Was macht denn den Sound der neuen Scheibe aus. Warum klingt sie so, wie sie klingt? „Der Anspruch den wir verfolgt haben, war der, daß deutlich zu hören sein sollte, daß hier drei Typen in einem Raum sind, um Musik zu machen und Songs zu spielen“, führt Lennart aus, „es ist eine komplette Live-Aufnahme, nur die Chöre und die paar Orgel- oder Klaviertöne hab ich nachträglich aufgenommen. Und das, was da auf Platte eingefangen ist, können wir jeden Abend live spielen.“ Das ist ja – im Vergleich etwa zum Debüt – wenig revolutionär (auch wenn es durch die o.a. Umstände erklärlich ist). Warum verzichtete Lennart denn auf die „Zutaten“, die „What’s The Deal“ auszeichneten? „Es machte bei der Auswahl der Songs und diesen Arrangements keinen Sinn, alles noch mit mehr Instrumenten und Samples zu versehen“, verrät Lennart, „wir hatten das Gefühl, daß die Songs auch so funktionieren. Wenn man bedenkt, daß alle diese Songs nur mit einer Stimme und einer Akustik-Gitarre geschrieben sind, dann kann man sie quasi in jedes klangliche Gewand packen, was gerade paßt.“JEROBEAMWas - außer einer netten Wortspielerei - ist denn bitteschön ein „Confidential Breakfast“? „Ein Confidential Breakfast ist etwas Herrliches“, schwärmt Lennart, „es ist ein Frühstück, nach dem man ausgiebig gepennt hat, mit allen Leckereien, die man sich so vorstellen kann, zusammen mit dem Partner in entspannter Atmosphäre. Die Scheibe heißt so, weil ich dieses Wortspiel monatelang mit mir rumgeschleppt habe und das Bild einfach gut fand. Wenn ich ‘Continental Breakfast’ höre, assoziiere ich damit immer eine gewisse Tageszeit, ein gewisses Licht und Hotelatmosphäre. Aber ‘confidential’ - also vertraulich - finde ich dabei noch angenehmer. Frühstück ist für mich die beste Mahlzeit des Tages. Wenn es denn richtig gemacht ist.“ Na ja, und richtig gemacht ist das Frühstück in dem Fall ja durchaus. Worin sieht jemand wie Lennart, der ja offensichtlich independent (also nicht nach dem bloßen Prinzip der Sinnmaximierung) funktioniert, heutzutage für sich die Aufgabe / den Sinn der Musik? „Ich will immer noch Menschen berühren. Ich möchte unterhalten, möchte meinen Teil zur Kultur / Kunst / Musik beitragen und beweisen, daß das auch heute noch geht“, meint er fast trotzig, „denn ich glaube immer noch daran, daß Menschen in Konzerte gehen, weil sie gute Songs hören und sich von ehrlicher, gewachsener Musik berühren lassen wollen. Mir wird immer wieder erzählt, ich könne das vergessen, und es gäbe nur die Wahl, in die Charts zu kommen, oder zu Versauern. Wenn dem so wäre, dann würde es keine Jazz-Band mehr geben und keine Jazz-Musiker, die bis zu drei Platten im Jahr veröffentlichen. Daher glaube ich immer noch daran, daß es funktioniert.“
Aktuelles Album: Confidential Breakfast (Hazelwood/Cargo)

Weitere Infos: › www.jerobeam.com Foto: Philipp "Superfan" Karger

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