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SCHNIPO SCHRANKE

Wortgewandte Haschproleten

SCHNIPO SCHRANKE

Schnipo Schranke war die Band, die 2015 sowohl beim Feuilleton wie auch in coolen Kneipen Erfolge feiern konnte. Auf ihr Debut "Satt" konnten sich hippe Großstädter, einsame Provinz-Prinzessinnen und Hochkultur-Edelfedern gleichermaßen einigen. Mit der Ende Januar erschienenen LP "Rare" soll dieser Schwung für weitere Höhenflüge genutzt werden. Irgendwann klingelte deshalb mein Telefon und Daniela Reis und Fritzi Ernst waren am anderen Ende.

Die Damen sind erwartungsgemäß cool und abgeklärt, aber trotzdem in äußerst heiterer Stimmung und ich bin weit davon entfernt, aus dem häufigen Gelächter voreilige Rückschlüsse auf den vorangegangenen Konsum illegaler Kräuter zu ziehen. Ihre Stimmen klingen recht ähnlich, aber die beiden sind an dieser Stelle ja sowieso als Band gefragt und sehen sich auch so.

Warum absolviert man ein klassisches Musikstudium und macht dann Schnipo Schranke draus?

„Dass daraus Schnipo Schranke wird, war uns am Anfang des Studiums natürlich nicht klar. Die Band war der Ausweg aus dem Musikstudium. Wir hatten gedacht, das Studium hat was mit kreativ sein zu tun, mit Musikmachen. Und dann war's uns halt zu stumpf und zu rückwärts gewandt.“

Ist der Schnipo Schranke-Blick auf die Welt eher zynisch oder ironisch?

„Also unsere Band ist kein ironisches Projekt, wir meinen das alles sehr ernst, was wir da machen. Mit Humor arbeiten wir bei jedem Song, weil wir finden, dass das zur Bearbeitung gerade von besonders ernsten Themen dazugehört. Und bei dem einen oder anderen Song auf der neuen Platte ist auch mal Zynismus am Start, ja.“

Wobei die Grundthemen der Songs zunächst ja nicht weit weg sind von den klassischen Sorgen pubertierender Mädchen: Hasch, Drogen, Katzen, Freund und Sex und Liebeskummer bis zum Suizid. Treiben euch nicht auch ´abstraktere´ Dinge um?

„Natürlich. Aber die Songs sind ja in der Regel Momentaufnahmen. Das bedeutet ja nicht, dass wir den ganzen Tag über nichts anderes nachdenken. Es sind Momentaufnahmen von sehr extremen Gefühlssituationen. Und dass die sich nur mit den Gefühlssituationen von pubertierenden Mädchen decken, dem würde ich stark widersprechen. Ich sehe die Probleme, die wir behandeln, auch bei meinen älteren Mitmenschen. Durchaus!“

Ihr würdet euch aber nicht als politische Band betrachten?

„Nicht unbedingt. Das kann natürlich immer auch so ausgelegt werden - was ja auch nicht falsch ist. Wir musizieren nicht mit der Absicht, 'ne Botschaft zu verkünden. Das läge uns sehr fern. Ich finde das immer schwierig, als Band so ein Machtwort zu verkünden und den Leuten zu erzählen, was richtig ist und was falsch. Das muss ja am Ende jeder selber wissen.“

Folgt der Schnipo Schranke-Ansatz denn einem übergeordneten Konzept, einem Masterplan? Oder ergeben sich die Dinge beim Machen?

„Bei uns ergibt sich alles. Schon die Instrumentierung hat sich ergeben und das kann man auf alles andere auch anwenden.“

Auch auf die eher schlichten Endreime der fein durchkonstruierten Texte?

„Das ist einfach das, worauf wir am meisten Bock haben, nach bestem Gewissen. Das gefällt uns. Und das, was uns am besten gefällt, kommt hinterher auf die Platte. Die Wortwahl ist bei uns auch im Alltag genau so. Es gibt keinen Grund, was anderes zu besingen, nur weil das eine vielleicht eklig ist.“

Keine künstlerische Überhöhung.

„Genau. Es ist einfach ein Verzicht auf ... Verblumung!“

Ihr liebt stakkatohafte Akkorde von Klavier oder Synthie und einen netten Schunkelbeat. Arbeitet ihr da auch mit presets?

„Man lacht. Ist das eine ernst gemeinte Frage? Weiteres Kichern. Wir sind 'ne Band. Wir sind Musiker. Wir arbeiten nicht mit presets...der Rest geht im Lachen unter.“

Wie entstehen die Stücke?

„Wir schreiben eigentlich immer alleine. In der Regel zuerst den Text und dann setzen wir uns ans Klavier und komponieren das Stück. - Spätestens hier klingt die Telefonstimme sehr ironisch und irgendwie distanziert, vielleicht sogar gelangweilt. - Und dann kommt das Arrangement, meistens im Studio.“

Auf die sicher mit einiger Mühe erlangten klassischen Fähigkeiten und Instrumente wollt ihr nicht zurückzugreifen?

„Nee, weil wir uns davon ja auch abgewandt haben, weil wir andere Sachen interessanter finden. Wie zum Beispiel Synthesizer.“

Euer Debut hat einen beachtlichen Erfolg und nun wird auch das zweite ordentlich einschlagen.

„Ich finde, dass das nicht immer so klar ist. Ich glaube, dass man bei jedem Album wieder bei Null anfangen muss. Wir haben auch ziemlich Schiss gehabt vor der zweiten Platte, eigentlich haben wir den immer noch. Wir wissen ja nicht, ob die Leute das mögen, was ja wesentlich wichtiger ist, als was das Feuilleton darüber sagt.“

Aktuelles Album: rare (Buback / Indigo)

Foto: Simone Scardovelli

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