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EFFI

Indie im Herzen, Poet im Geiste

EFFI

So viel Tropensonne aus Österreich war noch nie. Beim dritten Lied auf der Platte ist es ganz schlimm und möchte man fast ausrasten. „Sinermann“ heißt es und kombiniert zurückgelehntes Getröte, relaxtes Ukulelespiel, ein leicht daneben liegendes Piano, reduziertes, verschrobenes Gesinge mit einer anmutig unperfekte Mischung des Liedes. Und das ist nur eines der 13 Stücke, die mit enormer Leichtigkeit, außergewöhnlicher Spielfreude und gekonntem Stilmix zum Vortrag gelangen. Der Zeremonienmeister heißt Thomas Petritsch aka Effi und kommt ursprünglich aus Graz.

Graz liegt nicht in der Karibik

Doch wie kommt dieses sommerliche Klangbild in das Hirn des Steiermärkers Thomas Petritsch? Schließlich liegt Graz nicht in der Karibik. Mit Musik kommt er nach eigenen Angaben erst relativ spät in Berührung. Er ist zwar Nebenbeiradiohörer, hört aber querbeet.

„Erst als ich mich konkreter für Musik interessiert habe, mit Musik beschäftigtete, so etwa 1998, da entdeckte ich zunächst Hip Hop für mich“, gibt er Einblick in seine musikalische Sozialisation. Um solch einen vielfältig instrumentierten Musikkosmos hervorzubringen, braucht es ein unglaubliches musikalisches Gespür und Gefühl.

„Ich habe keinerlei musiktheoretische Ausbildung“, bekräftigt Thomas Petritsch, „ich baue die Lieder aus einem Bauchgefühl heraus. Deshalb widerspreche ich auch oft ausgebildeten Musikern, wenn sie mir sagen, dass etwas so nicht gespielt werden kann. Ich konfrontiere sie dann immer mit der Frage, hört sich das denn nicht richtig gut an? Dann verstummen sie.“

Was die richtig guten Klänge anbetrifft, da hat sich Thomas Petritsch als Zuhörer - nach dem der Hip Hop bei ihm ausgedient hatte - richtig gute Lehrmeister ausgesucht: Element Of Crime, Black Sabbath, Jimi Hendrix, Janis Joplin oder Bob Marley, um nur einige wenige zu nennen.



Ich steh’ auf harmonische Musik

Genregrenzen kennt Thomas Petritsch nicht und falls er mal auf welche stößt, sind sie ihm scheißegal. Von allem Klang nimmt er sich nur das Beste und filtert es mit seinem Herzen. Und das hält sich offensichtlich an die Gedichtverse von Cäsar Flaischlen, die da lauten: ´Hab Sonne im Herzen/ob’s stürmt oder schneit´ und so filtert es die sonnenbeschienenen Töne heraus und die anderen schluckt es. Die scheinen automatisch harmonisch zu sein.

„Ich steh’ halt auf harmonische Musik“, lässt er verlauten, „diese Lieder entstehen, wenn ich mit Gitarre oder Ukulele dasitze und vor mich hinklimpere. Wenn dann Akkorde zusammenpassen und einfach richtig klingen und der Rhythmus stimmt und ich zusätzlich noch eine Melodie im Kopf habe, die irrsinnig gut dazu passt, dann ist das Stück eigentlich schon fertig.“

Soweit, so schnell. Warum hat es dann drei Jahre gedauert, bis das Album „Astronaut“ fertig war?

„Weil es einfach Zeit kostet, eine Idee, die schnell da ist, so auszuformulieren, wie ich mir das vorstelle“, fährt er fort „dabei kann ich für die anderen Musiker ein verdammter Diktator sein.“

Wer sich auf die Lieder Effis aus der Scheibe „Astronaut“ einlässt, der läuft Gefahr, sich unweigerlich in den Liedern und in der Zeit zu verlieren. Die Stücke kommen so organisch daher, dass sie den Eindruck vermitteln, sie wären so perfekt vom Himmel gefallen und Thomas Petritsch hätte sie nur auflesen müssen. Und einen hohen Suchtfaktor weisen die Melodiebögen des Österreichers zudem auf.

Aktuelles Album: Astronaut (The Arcadia Agency / Indigo)

Foto: Johannes Würzler

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