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...THE TRAIL OF DEAD

Wie man sich selber lieben lernt.

...THE TRAIL OF DEAD

Ihre Ambitionen gelten der Kunst und Musik, nicht dem Ruhm und Rampenlicht. Den kommerziellen Höhepunkt haben Trail Of Dead bereits mit dem letzten Album „So Divided“ erreicht und ziehen nun die Notbremse. Ein dringend notwendiger Schritt, wie Mastermind Conrad Kelly findet:

„Wir hatten keinen Bock mehr nach Vorgaben zu arbeiten!“ Die Motivation alles anders zu machen, bestimmt ihr neues Werk „The Century Of Self“.

Es rumorte gewaltig als Trail Of Dead vor zweieinhalb Jahren ihren letzten Longplayer veröffentlichten - Bassist Neil Busch verließ die Band und wurde postwendend für alles Negative verantwortlich gemacht.

„Als er weg war, lief es wieder wie von selbst“, erklärte ein sonst eher wortkarger Conrad Kelly und wusste selbst am besten, dass die Rechnung so nicht aufgeht.

Inzwischen haben sich die Wogen geglättet und über den Abtrünnigen werden keine bösen Worte mehr verloren:

„Sehr unüberlegt von mir, Neil für alles die Schuld zu geben. Es fühlte sich aber bei der Veröffentlichung von „So Divided“ wie ein Strohhalm an und ich hoffte, dass er die Erklärung für die bandinternen Unruhen ist. Leider nicht.“

Was Trail Of Dead vielmehr schasste als ehemalige Mitglieder, war ihr Major-Deal. Wahrscheinlich rechneten sie nicht mit den Vorgaben, die solch ein Plattenvertrag mit sich bringt und ahnten nicht, dass eine große Band neben wuchtigen Alben, auch aussagekräftige Singles braucht. Die Achillesverse des Conrad Kelly:

„Ich kann keine Hits schreiben und erst recht nicht mit dem Druck umgehen, welche fabrizieren zu müssen. Unser damaliges Label kam immer wieder auf uns zu und verlangte nach Songs, die problemlos im Radio und Club funktionieren. Ich erklärte dann, dass wir nur ein Gesamtwerk abliefern können, keine Puzzleteile.“

Was blieb ihm anderes übrig, als zurückzurudern und mit einem Indie für ihr neues Album „The Century Of Self“ zusammenzuarbeiten - ein mutiger Schritt, gerade weil Trail Of Dead damit freiwillig kleinere Brötchen backen:

„Rein vom wirtschaftlichen Hintergrund ein Fehlschlag, ganz klar. Doch wenn die Schreibblockade und miese Stimmung von fremden Leuten herbeigeführt wird, dann ist ein solcher Umbruch unausweichlich.“

Und so veröffentlichen Trail Of Dead den wohl sperrigsten Silberling ihrer gesamten Karriere. Wer zwischen Progressive- und Artrock nach den viel diskutierten Singles sucht, wird zu keinem Zeitpunkt fündig.

Das Ganze überzeugt durch Komplexität und ist in sich hermetisch abgeschlossen. Genau so, wie der Frontmann es zuletzt schon haben wollte, aber nicht durfte.

„Wir ließen uns sehr viel Zeit und jeder widmete sich nebenher anderen Dingen. Ich für meinen Teil habe meine Arbeiten als Künstler in New York ausgestellt und währenddessen viel über meine Art Musik zu machen, gelernt. Als ich im Anschluss das Cover für die neue Platte entwarf, realisierte ich, wie wichtig die Kunst für mein Songwriting ist und immer sein wird.“

So wichtig gar, dass Conrad Kelly einige Songs umarrangierte als er nach mehreren Wochen Arbeit vor dem fertigen Covergemälde saß. Zu viel erschien ihm widersprüchlich und weil die Bindung zu seinem Bild überraschender Weise enger als zur Musik war, musste die sich der Kunst beugen:

„Zusammen mit der Band verabreichte ich den Songs eine gehörige Portion Opulenz. Danach passte beides zueinander.“

Ob dies ein richtiger Schritt war, interessiert ihn nicht. Denn: Nur wenn das Paket eine Einheit bildet, können sich Trail Of Dead damit abfinden und es dem Publikum zugänglich machen.

„Es lief in den letzten Jahren einiges schief und wer genau auf meine Lyrics schaute, wusste dies auch. Ich hoffe, dass die Band jetzt aus dem Gröbsten raus ist und wir die Aufbruchsstimmung mit „The Century Of Self“ dokumentieren können“, gibt Kelly abschließend zu Protokoll und kann sich ein Lächeln nicht verkneifen.

„Ich hätte damals nicht so verbissen sein sollen, jetzt komme ich viel besser mit mir und meinen Jungs klar.“

Eine späte, aber gute Einsicht.

Aktuelles Album: The Century Of Self (Superball Music / SPV)

Foto: Rachael Warner


März 2009
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