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MAD SIN

God Save The Sin

MAD SIN

Es gibt sie diese Bands, bei denen man das Gefühl, dass sie schon immer dagewesen sind und deren Scheiben vom vielen Hören bereits auf dem Plattenteller festkleben: Yeaahh, 20 Jahre Mad Sin und meine allererste Gelegenheit Sänger Köfte für mich ganz allein zu haben. Freude, schöner Götterfunken!!! Aber alles der Reihe nach: Als Anfang der 80er Psychobilly aus England rüberschwappte, war klar dass diese Subkultur ein Zuhause für all die werden sollte, denen Rockabilly zu lahmarschig und Punk zu attitudenbeladen geworden war und die doch von beidem nicht lassen konnten. Psychobilly war grenzensprengend, anarchistisch und schräg - laut, bunt und göttlich wild.

Als Epizentrum dieses Snakebite by the Gallon-Kults galt natürlich die Wiege allen Undergrounds London, Carendon Hammersmith, wo jedes Wochenende im legendären Klubfoot Götterdämmerung angesagt war.

Der durchschnittliche Hinterwäldler schielte jedoch schon neidisch nach Berlin, genauer gesagt nach Kreuzberg, dem Inbegriff deutschen Untergrunds.

And the Story began!!!!

„Als wir Anfang der 80er mit Psychobilly anfingen, gehörten wir zu den Allerersten. Bis dato gab es nur Teddyboys etc. und wir mussten uns erst mal behaupten, aber u.a. durch unsere Connection nach London, wo ich ja lange gewohnt habe, wurde uns eine Sonderposition zuteil und man hatte immer eine ganze Menge Respekt vor uns.“

Mittlerweile haben Mad Sin weltweit einen Bekanntheitsgrad erreicht, der seinesgleichen sucht. Nächstes Jahr stehen Südafrika und Australien auf dem Programm und damit wären dann alle Kontinente außer der Antarktis abgegrast. Noch Fragen?

Regelmäßige ausgedehnte Touren durch Japan und Europa sind Ehrensache und Scharen von frenetischen Fans, wo auch immer sie sich blicken lassen.

Hmmm, Geld, Gold und Glück??

„Die besten Konzerte sind für uns die, bei denen wir auch unseren Spass hatten, wo das Publikum abgeht...nicht die, wo wir die meiste Kohle einsacken. Klar, wir verdienen unser Geld damit, aber wir würden auch ohne trotzdem weitermachen. Wir haben kürzlich in Kroatien gespielt, das war total klasse und Russland!! Da kommen die Leute aus den entlegendsten Winkeln hunderte von Kilometern angereist, um uns zu sehen. Das ist schon ein schon ein sehr besonderes Feeling. Na, und Japan natürlich!!“

Seit zwei Jahren ist Pete von Nekromantix an der zweiten Gitarre zu bewunderm und damit hat eine 20 jährige Freundschaft auch musikalisch an Boden gewonnen.

„Ich kenne Kim ja schon seit 85/86. Damals kam er oft nach Berlin und wir sind dann gemeinsam auf Konzerte gefahren. Er gründete Nekromantix in etwa zur gleichen Zeit, wie ich Mad Sin und seitdem kenne ich auch Pete. Als Tex dann vor zwei Jahren nicht mehr soviel touren und Pete nicht mit dem Rest seiner Band nach Kalifornien ziehen wollte war klar, dass wir das ausprobieren - und es hat direkt gepasst. Er kommt einen Tag bevor gespielt wird nach Berlin, wir spielen unser Set durch und ansonsten fliege ich oft nach Kopenhagen und schreibe Songs mit ihm. Er spielt ja auch bei meinem anderen Projekt, den ‚Dead Kings‘ mit.“

Und deren Line-Up, für alle, die bisher unter einem Stein gelebt haben, liest sich wie das ‚Who is Who‘ all dessen, wo man sich rumtreiben sollte: Neben Strangy von den Klingonz und Ex-Demented, ist Bart von Peter Pan Speedrock mit von der Partie und außerdem als Cocktailkirsche auf dem Sahnehäubchen: Psycholegende Nigel Lewis (Yeah, Meteors, Tallboys und Johnson Family)

Ende der Neunziger wurde es still um die Szene und auch um die Band. Während Psychobilly durch seine extreme Abschottung nach außen der Saft ausgegangen war und sich auf den Konzerte nur noch kahl werdende alte Säcke lustlos durch die Gegend schubsten, erholten sich Köfte und seine Jungs erst mal von ihrem Majordeal mit Polydor. Dort hatte sie das Schicksal oder besser ein fetter Vorschuss hinverschlagen, es wurde für hunderzwanzigtausend Mark ein Album eingespielt, was für eine Punk bzw. Psychoband horrend war und obwohl ‚Sweet and Innocent‘ sich sehr gut verkaufte, passten Mad Sin nicht so richtig in das Schema, dass sich die Plattenfirma von einem Upcoming Act gemacht hatte. Unnötig zu erwähnen, dass die nicht die geringste Lust hatten, in ein blankgeschrubbtes Image zu passen und auch weiterhin bei ihren Konzerten und Parties keine Gefangenen zu machen.

Zwei Stunden Köfte anzustaunen, wie er sich wie ein Irrer das Mikro vor die Stirn knallte und den Laden in Schutt und Asche legte, gehört zu jenen Erinnerungen, die ich nicht missen möchte.

Jedenfalls wurde Polydor bzw. Polygramm von Universal geschluckt und nach ausgiebigem Großreinemachen von Seiten des Labels, fanden sich Mad Sin um eine ahnsehnliche Abfindung reicher in Freiheit wieder.

„ Wir mussten uns erst mal wieder finden. Wenn Du die Parties gefeiert hast, wie wir damals und dann wieder ganz unten anfangen sollst, ist das auch nicht das Gelbe vom Ei. Wir haben dann rumexperimentiert, mit Glamrock und so Zeug, aber das war alles nicht so toll. Auch eine Zusammenarbeit mit dem Produzenten der Toten Hosen stand an, aber passte leider nicht. Das war die einzige Zeit, wo die Band kurz vorm Split stand. Aber der Rock‘ n‘Roll hat gesiegt: Wir haben wieder angefangen Sachen zu machen, die uns Spaß machen, keinen Scheiß, der sich gut verkaufen könnte und sind auch wieder auf Tour gegangen. Bei einem Gig in Oberhausen hat uns dann der Andre gesehen, der damals gerade People Like You gegründet hatte. Nach einige Hin und Her sind wir dorthin gegangen und standen wieder richtig gut positioniert da. PLY sind derselben Auffassung wie ich, dass alles Rock‘n‘Roll ist und dass diese ganzen Verschächtelungen und Abrenzungen gegenüber anderen Musikstilen der totale Quatsch sind.“

Dass Psychobilly wieder enormen Zulauf bekommen hat, ist Mad Sin zu verdanken, die parallel zu Tiger Army in den Staaten dafür gesorgt hat, dass Spaß, Wahnsinn und gute Shows wieder Einzug in eine Subkultur hielten, die zwischenzeitlich so spannend geworden war wie eine Bingo-Runde im Altenheim.

„Wenn wir irgendwann nicht mehr vor jüngerem Publikum spielen und sich nichts mehr tut, dann hören wir auf. Dann wären wir nämlich so geworden, wie wir nie sein wollten!“

Also, auf weitere 20 Jahre in Sin Sin!!!

Aktuelles Album: 20 Years Of Sin Sin (People Like You)

Foto: Matt Ginsberg

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