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TIM BOOTH

Tiefgründige Oberflächlichkeit

TIM BOOTH

Fast zwanzig Jahre James waren genug für ihn. Ende 2001 stand Tim Booth nach fast zwei Dekaden als Frontmann der Formation aus Manchester, an deren Aufstieg zum Weltruhm er maßgeblichen Anteil hatte, zum letzten Mal mit seiner alten Band auf der Bühne. Danach widmete er sich erst einmal ausgiebig seinen anderen Interessen: Er schrieb Drehbücher oder war als Theater- und Filmschauspieler aktiv - so hat er zum Beispiel eine kleine Rolle im kommenden "Batman"-Streifen neben Gary Oldman. Diesen Sommer kümmert sich Tim um zwei weitere "Babys", wie er es selbst nennt. Einerseits erwartete seine Freundin kurz nach unserem Treffen in Köln ein Kind, andererseits kommt dieser Tage sein neues Soloalbum "Bone" in die Läden.

Hört man die zwölf neuen Songs, fallen zwei Dinge auf: Zum einen, dass Booth mit seiner Stimme und seiner Vorliebe für vertrackte Strukturen die Musik von James maßgeblich geprägt hat und dass diese beiden Merkmale auch bei seinen Solowerken im Mittelpunkt stehen, und zum anderen, dass die neuen Stücke viel mehr vom Groove geprägt sind. "Die ersten acht Songs habe ich mit einem Typen namens KK geschrieben. Sie waren schon in Ordnung, aber irgendetwas fehlte ihnen", sagt Booth zur Entstehung seines zweiten Nicht-James-Albums nach der 1996er Kollaboration mit Angelo Badalamenti für "Booth And The Bad Angel". "Danach lernte ich zum Glück Lee 'Muddy' Baker kennen, der so ziemlich jedes erdenkliche Instrument spielt und zudem ein großartiger Produzent ist. Ihm konnte ich sagen, dass die Songs mehr Groove haben sollten, dass sie ein bisschen mehr lo-fi, ein bisschen stacheliger sein sollten, und er wusste genau, was zu tun ist. Ich konnte ihn ruhig einmal einen Tag alleine arbeiten lassen, und wenn ich dann zurückkam, hatte er alles umgesetzt und war noch viel weiter gegangen, als mir das ursprünglich vorgeschwebt hatte."
Dass Booth seinen Mitstreitern für "Bone" so viel Vertrauen entgegenbrachte, ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass James in ihren Anfangstagen als echte Control Freaks verschrien waren. "Ja, ich habe erst zu "Laid"-Zeiten 1993 gelernt, mit anderen zusammenzuarbeiten. Davor wollte ich in der Tat immer alles unter Kontrolle haben. Deshalb habe ich viele der frühen James Sachen mit Larry und Jimmie co-produziert. Für 'Laid' engagierten wir dann Brian Eno, und er war der Erste, den wir wirklich produzieren ließen. Seitdem sind Kollaborationen die reinste Freude für mich". Schaut man sich das Cover des neuen Albums mit einem Foto des schelmisch grinsenden Booth an, ist man auch geneigt zu denken, dass der Brite sich und seine Musik inzwischen wesentlich weniger ernst nimmt. "Ja, auf jeden Fall", stimmt er zu. " Ich gehe immer noch mit viel Leidenschaft zu Werke, aber heute viel unverkrampfter. Robert Anton Wilson, ein Autor, den ich sehr schätze, hat dazu einmal ein großartiges Statement abgegeben, dessen Sinn mir zuerst lange nicht ganz klar war. Es lautet: 'Wirklich tiefgründigen Menschen ist es möglich, wirklich oberflächlich zu sein!'" Wer sich anhören möchte, wie dieses Zitat musikalisch umgesetzt klingt, sollte "Bone" nicht verpassen!
Foto: Sonja Niemeier

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