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TRAUMZEIT - FESTIVAL AM HOCHOFEN

17.-19.06. Landschaftspark-Nord Duisburg

TRAUMZEIT - FESTIVAL AM HOCHOFEN

Das ehemalige Hüttenwerk in Duisburg-Meiderich war früher ein Moloch aus Dampf, Lärm, Hektik und Feuer. Eine gewaltige, moderne Stätte der Energie, deren Kraft sich in rotglühenden Abstichen des Roheisens entlud. Der einst gigantische Schmelztiegel ist ein einzigartiger Ort, wie geschaffen für ein Festival, das verschiedene Elemente und Klänge zeitgenössischer Musik befeuert, verschmilzt und verdichtet. Das Traumzeit Festival bespielt diesen Ort jedes Jahr im Sommer mit einem herausragenden Musikprogramm. Zwischen dem 17. und 19. Juni ist es wieder soweit.

Diese beeindruckende Kulisse aus Stahlkonstruktionen, Kesseln, Rohrleitungen und Schornsteinen, die bei Dunkelheit durch die spektakulären Lichtinszenierungen des englischen Künstlers Jonathan Park geradezu futuristisch erscheint, raubt einem stets aufs Neue den Atem.

„Bands, die aus ihren Bussen steigen, fragen mich fast immer, was dieser Ort ist, was er war und in welchem Mad-Max-Film sie hier gelandet sind“, erzählt Marcus Kalbitzer, der seit 2009 maßgeblich für das Programm verantwortlich ist. Traurig aber wahr: Erst der Niedergang der Montanindustrie hat dem Ruhrgebiet in kultureller Hinsicht viele neue Möglichkeiten eröffnet. Etliche alte Zechen und Werkshallen wurden einer neuen Nutzung zugeführt, ja überhaupt erst zugänglich gemacht. Außer den Mitarbeitern kannte bis dahin niemand das Innenleben dieser gigantischen Industriekomplexe, wie der Zeche Zollverein in Essen oder eben des Hüttenwerks in Duisburg-Meiderich.



Heute nennt sich das Areal Landschaftspark und ist insbesondere in den Sommermonaten eine grüne Oase im Ruhrgebiet, denn die Natur hat sich weite Teile des Geländes zurückerobert. Wenn in den Abendstunden Hochöfen, Cowpertürme, Schornsteine oder die gigantische Kraftzentrale in stimmungsvolle Lichtspiele getaucht werden, dann entfaltet dieser Ort eine ganz besondere Magie, die dem Traumzeit Festival seinen Namen und seine besondere Atmosphäre verleiht. Die Produktionsstätten des Festivals am Hochofen sind die Gieß- und Gebläsehalle, die Bühne am Gasometer sowie der Cowperplatz, der in diesem Jahr zum ersten Mal Teil des Festivalgeländes sein wird.

„Hier haben wir einen Bereich für uns entdeckt, der sich für eine neue Außenbühne einfach anbot“, schildert Kalbitzer. „Umgeben von Hochöfen und Cowpertürmen, in denen der sogenannte Heißwind für die Verarbeitung von Roheisen erzeugt wurde, wirkt das Zusammenspiel von Kulisse und Musik hier auf besondere Art und Weise.“



Der Begriff des Zusammenspiels hat für die Veranstaltung eine spezielle Bedeutung, denn unterschiedliche Musikstile wie ambitionierter Pop, (Indie-)Rock, Singer/Songwriter, HipHop, Reggae, Elektronik oder auch improvisierte Musik gehen beim Traumzeit Festival ein spannendes Miteinander ein, das man so nur selten findet.

„Die stilistische Vielfalt und die verschiedenen musikalischen Entwürfe unserer Acts sind neben dem Ort das Markenzeichen des Festivals. Es ist nicht selbstverständlich, dass Bands wie Tocotronic, Moop Mama, Dinosaur Jr, Patrice, Matt Simons, Ásgeir oder Turbostaat auf demselben Festival spielen. Wir haben über die Jahre ein tolles Publikum gewonnen, das sich durch eine große Offenheit und Begeisterung für Musik auszeichnet. Das gibt uns die Möglichkeit, einen spannenden musikalischen Mix und neben bekannten Künstlern auch viele Neuentdeckungen zu präsentieren.“

Mit Bands wie AnnenMayKantereit, Wanda, Bilderbuch, Joris, Lukas Graham, Laing, Benjamin Clementine oder Jesper Munk hat man in den zurückliegenden Jahren ein frühes Gespür für kommende Headliner entwickelt. Meine Frage, ob es ihn nicht wurmt, dass all diese Bands in den Folgejahren auf großen Festivals ganz oben im Line-Up stehen, verneint Kalbitzer mit einem Lächeln.

„So ist das nun einmal, wenn man beschränkte finanzielle Mittel und relativ günstige Ticketpreise hat. Wir können und wollen in der Liga der Mega-Festivals mit 40.000 Besuchern und mehr gar nicht mitspielen. Das ist weder unser Ansatz, noch haben wir die räumlichen Kapazitäten dazu. Ich sehe uns deshalb auch in keiner Konkurrenzsituation zu diesen großangelegten Veranstaltungen. Beim Traumzeit Festival geht es um Nähe, Persönlichkeit, Übersichtlichkeit, Barrierefreiheit, Rückzugsmöglichkeiten und darum, entspannte Tage auf einem sehr speziellen Festivalgelände zu verleben. Unsere Gastronomiestände und Food Trucks legen Wert auf handgemachtes, ausgesuchtes, persönliches Catering – vom Espresso über das frisch belegte Baguette bis zum Burger. Und Schlangestehen an Dixie-Klos z.B. gibt es bei uns nicht, weil wir einfach keine Chemietoiletten haben.“



Das freut bestimmt auch die Bands, von denen in diesem Jahr viele internationaler Herkunft sind. Aus Amerika kommen Dinosaur Jr, die für viele als Helden des Grunge verehrt werden und geradezu kultischen Status genießen. Oder Matt Simons, der mit ´Catch & Release´ den vielleicht meistgespielten Hit des letzten Jahres im Gepäck hat. Die Kalifornier Spain um Josh Haden, den Sohn der Jazzbassisten-Legende Charlie Haden, sind Wegbereiter der Slowcore-Bewegung und mittlerweile im experimentellen Folk/Country unterwegs. Richten wir den Blick aufs europäische Ausland: Kelvin Jones lebt in England. An seinem Song ´Call You Home´ konnte in den vergangenen Monaten niemand vorbeikommen. Charlie Cunningham kommt ebenfalls aus dem Vereinigten Königreich und ist wie der Ire I Have A Tribe oder der Australier Hein Cooper eine starke Neuentdeckung sowie große Hoffnung unter den Singer/Songwritern. Von allen wird in Zukunft mit Sicherheit noch viel zu hören sein. Mit den psychedelischen Goat und dem feinfühligen Isländer Ásgeir setzt man die skandinavische Tradition beim Festival am Hochofen fort.



Auf die internationale Ausrichtung angesprochen führt Booker Marcus Kalbitzer aus:

„Auch hier ist die Mischung entscheidend. Natürlich freuen wir uns riesig, dass immer mehr internationale Acts den Weg nach Duisburg finden und sich von der Atmosphäre des Festivals begeistern lassen bzw. zu dieser auch erheblich beitragen. Wir legen aber immer noch ein großes Augenmerk auf die heimische Musikszene, weil es wirklich unzählige interessante und erfolgreiche Bands aus Deutschland gibt, die auf dem Niveau der internationalen Acts lockerjj mithalten können. Künstler wie Tocotronic, Patrice, Moop Mama, Gloria (die Band um HalliGalli-Moderator Klaas Heufer-Umlauf und Wir sind Helden-Bassist Mark Tavassol, Anm. d. R.), Razz, Grandbrothers, Mine, Sarah And Julian und viele andere prägen das künstlerische Geschehen hierzulande maßgeblich. Sie haben einen ganz eigenen musikalischen Ausdruck entwickelt. Deshalb laden wir sie zu uns ein. Die Reaktionen auf das Programm in unseren sozialen Netzwerken sind entsprechend positiv, was uns total freut und bestätigt, hier den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.“



Und was ist mit Besuchern, die am Wochenende den Landschaftspark ohne Festivalticket einfach nur zur Freizeitgestaltung aufsuchen? In den vergangenen Jahren haben immerhin bis zu 20.000 Besucher am Traumzeit-Wochenende das Gelände besucht, ohne explizit in die Spielstätten zu gehen.

„Die Besucher werden auf dem Platz vor dem Gasometer eine sehr spezielle, liebevoll gebaute Bühne finden, auf der sich die Duisburger Musikszene präsentiert. Künstler wie The Boy Who Cried Wolf, Benjamin Peters, Kochkraft durch KMA oder Spiegelbild zeigen, dass die Stadt eine breit gefächerte musikalische Vielfalt zu bieten hat. Unsere Gastronomie wird für alle zugänglich sein und man kann sich auch jenseits der Spielstätten fast auf dem gesamten Gelände ohne Einschränkungen bewegen und es entdecken“, beschreibt Kalbitzer die Situation vor Ort.



Sogar beim Camping hinter den Hochöfen unterscheidet sich das Traumzeit Festival von den üblichen anonymen Übernachtungsgroßflächen. Auf dem idyllischen Steinhallenplatz ist man nur einen Katzensprung weg vom Geschehen, kann sich mal kurz in die Natur zurückziehen und ist mit wenigen Schritten wieder mitten drin im Festivaltrubel. Zelte, Wohnmobile und Wohnwagen sind erlaubt und im Festivalticket inbegriffen. Im Netz kursieren dazu solche Kommentare:

„Hoffentlich kriegen diese Campingatmosphäre im Schatten der alten Industriekultur nicht viele so schnell mit. Es ist einfach zu geil hier.“

Die Macher wird es freuen, aber Platz genug ist im Landschaftspark vorhanden und die Kunde von einer einzigartigen Veranstaltung verbreitet sich zunehmend. Das Festival am Hochofen ist längst über den Status des Geheimtipps hinaus. Weil es einen unverwechselbaren Charakter hat, mutig und mit Liebe zum Detail gemacht ist. Der Puls des Hüttenwerks schlägt wieder im Takt der Zeit. Dieser Ort von ehemals höchster technischer Innovation war schon lange nicht mehr so modern wie jetzt.



Traumzeit – Festival am Hochofen

17. – 19.06.2016

Landschaftspark Duisburg-Nord

Emscherstraße 71, 47137 Duisburg

Weitere Infos unter:

www.traumzeit-festival.de

www.facebook.com/traumzeitfestival

Foto: Thomas Berns


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