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UNKNOWN MORTAL ORCHESTRA

Nach dem Start auf Los zurück

UNKNOWN MORTAL ORCHESTRA

Eigentlich sollte die Geschichte eine ganz andere Wendung nehmen. Mit dem Punk begann Ruban Nielson als Teenager im weit entfernten Neuseeland – bis er die Segel strich und einen Neuanfang wagte. Ob der funktioniert, weiß er nicht, ist sich aber sicher, dass Unknown Mortal Orchestra mit dem zweiten Album ´II´ genau das machen, was er als Musiker immer auszudrücken versuchte: „Es geht um Visionen und wo sie enden. Ob du zu 100 Prozent hinter dem stehst, was du machst und ob innerhalb einer Band alle dasselbe wollen. Basierend auf Freundschaften, versucht aktuell jeder seine volle Begeisterung einzubringen.“ Was selbstverständlich klingt, war für Nielson lange Zeit nur ein frommer Wunsch, der endlich in Erfüllung geht.

An dieser Stelle verhandeln wir keinen Newcomer mit ein paar Singles und EPs im Gepäck. Unknown Mortal Orchestra veröffentlichen bereits den zweiten Longplayer und trotzdem muss sich Sänger Ruban Nielson Fragen zur eigenen Herkunft gefallen lassen.

„Kein Problem“, lächelt er verschmitzt und pustet sacht über den Tassenrand seines Kamillentees, „das Debüt kam bei euch in Deutschland erst später raus und ich erwarte von niemanden, dass er mir etwas aus meiner Jugend erzählt oder alles über mich weiß. Wichtig ist, dass du nett zu den Leuten bist.“

Im Gegensatz zu seinem eher distanziert wirkenden Songwriting ist Nielson selbst bester Laune und voller Zuversicht, dass die eigene Karriere kurz vor knapp doch noch in den sicheren Hafen einläuft.

Lange Zeit sah es zumindest wenig danach aus: „Mit The Mint Chicks hatte ich sehr früh eine Band in meiner Heimat Neuseeland und an sich waren unsere drei Platten auch erfolgreich, einige Magazine schrieben darüber. Es hätte locker gereicht, um weiterzumachen.“

Doch seine Combo, im Jahre 2001 gegründet, geriet bald in Existenznot, weil Nielson nicht länger in der Lage war die harten Gitarrenriffs beizusteuern, sondern neue Ufer erkunden wollte und herben Gegenwind von den Kollegen bekam. Damit zahlte er das berühmte Lehrgeld eines jungen, ungestümen Musikers, der sogar seinen Bruder und Bandchef Kody gegen sich aufbrachte.

„Innerhalb einer Familie bist du immer ehrlich zueinander und als er ankam und meinte, dass es etliche Spannungen gebe, war mir bewusst: Eine neue Herausforderung muss her, dass wird nichts mehr“, nickt Nielson heute verständnisvoll und an manchen Stellen berichtet auch ´II´ von solch schwierigen Situationen.

Das zweite Unknown Mortal Orchestra-Album, das mit psychedelischem Lo-Fi mehr sacht als rabiat sein Ziel verfolgt. Textlich mehrfach das Leben und die Leiden daneben auf den Tisch packt, verliert es nie die Hoffnung und ist als Gesamtergebnis alles andere als harte Gitarrenmusik, die nur das Hier & Jetzt feiert.

Er sei wirklich kein Pessimist, fügt Nielson pflichtschuldig hinzu und hat auf die Frage, wie er sich als Mensch charakterisieren würde, dann doch keine Antwort parat. Mit zuckender Schulter gesteht er: „Man kann jede Menge Spaß mit mir haben und doch sind Musik und Privatleben Zweierlei. Merke ich bei den Menschen in meinem Umfeld auch ziemlich oft.“

Das erwähnte Umfeld befindet sich derweil in Portland/Oregon. Dort fühle er sich vollkommen zuhause und genieße die Abgeschiedenheit der Stadt. Viele hätten ihm empfohlen, es nach seiner Abreise aus Neuseeland mit New York oder Los Angeles zu versuchen, aber weder die eine noch die andere Metropole passte zu ihm:

„Hin und wieder brauche ich Rückzugsmöglichkeiten und die gibt es hier zuhauf. Ständig in Bewegung zu sein und Action um mich herum, das funktioniert auf Dauer nicht und ist für mein Songwriting eher kontraproduktiv. Wahrscheinlich würde ´II´ ganz anders klingen, wäre es in New York entstanden.“

Auch wenn die Songs auf dem zweiten Unknown Mortal Orchestra-Album eher ein Fall für Liebhaber als für die breite Masse sind, werden die, die sich draufeinlassen durchaus belohnt – ein Lob, das Nielson sogleich ein Lächeln auf die Lippen zaubert:

„Wir müssen nicht die nächsten Bon Jovi werden“, bekräftigt er ausdrücklich und freut sich, dass die selbsterzwungene Kehrtwende bislang keine Schäden mit sich brachte.

Die Leidenschaft, sie ist das wichtigste für ihn.



Aktuelles Album: II (Jagjaguwar / Cargo Records)

Foto: Neil Krug

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